Einige Zeit nach dem Lehrabschluss haben Sie dann eine eigene Werkstatt zwischen Vrin und Cons gebaut?
Das Grundstück habe ich für 80 Rappen/m2 erworben. Mitte August 1952 habe ich mit den Bauarbeiten begonnen. Die Mauersteine habe ich in der Nähe gefunden, Geld hatte ich nämlich keines. Um die Mauer zu errichten, habe ich zwei Maurer des Dorfes zu Hilfe gerufen. Neben der Sägerei meines Bruders habe ich so die Schreinerei gebaut. Meine erste Maschine kostete mich zwischen 10 000 und 15 000 Franken. Mit dieser konnte man hobeln, fräsen oder sie als Kehlmaschine benutzen. Die Maschinen wurden im Laufe der Zeit immer grösser und besser. Später habe ich zuerst die Schreinerei am alten Standort vergrössert, um in der Folge am Schluss meiner Laufbahn als Schreiner, eine neue Schreinerei im Dorf zu errichten.
Welche Aufträge bekamen Sie damals?
Zuerst konnte ich die Schreinerarbeiten an der Schule von Vignogn ausführen. Danach habe ich die Alphütte und den Schweinestall einer Alp in Obersaxen gebaut und nachher haben wir Aufträge für Arbeiten an der Schule und deren Turnhalle in Lunschania bekommen.
Wie viel verdienten Sie mit Ihrer Arbeit?
Wir arbeiteten damals für 3.80 Franken pro Stunde.
Wie war das mit der Reise und dem Transport?
Ich besass ein Auto, einen Olymp, das wir mit 20 bis 25 m2-Bretter beladeten, was für einen Arbeitstag reichte. Das Mittagessen nahmen wir mit und kehrten abends wieder zurück. So ging das Tag für Tag, Jahr für Jahr. Was immer wieder anstand, waren Totensärge. Wenn jemand starb, wurde ich angerufen. Wir präparierten die Bretter, nagelten sie zusammen und bemalten den Sarg. Teilweise brachten die Angehörigen die Bretter selbst, was uns die Arbeit natürlich erleichterte. Erst in den letzten Jahren habe ich begonnen, die Särge fertig zu kaufen. Die letzten, selber erstellten Särge habe ich zu rund 380 Franken verkauft und kurz darauf bezahlte ich zwischen 1200 und 1500 Franken für einen zugekauften.
Auch die Verstorbenen in den Sarg zu legen, fiel in Ihren Arbeitsbereich?
Ja, auch das war meine Pflicht.
Was haben Sie während Ihrer Laufbahn als Schreiner alles gebaut?
Gebäude, Häuser, ganze Restaurants, Kirchtürme, Ställe, allerlei Möbel sowie auch Schnitzarbeiten an Altären. Bekannt war ich für meine Fensterrahmen. Ich versuchte immer, auf dem neusten Stand zu sein und habe somit auch die Konstruktionsvorgänge drei- oder viermal in meinem Arbeitsleben geändert.
Fiel auch die Planung der Objekte in Ihren Arbeitsbereich?
Etliche habe ich nicht nur gebaut, sondern auch geplant.
Wie haben sich die Arbeitsabläufe im Laufe der Jahre verändert?
Früher mussten wir die Balken Seite um Seite hobeln – und dies zu dritt oder zu viert. Heute wird diese Arbeit von einer Maschine in einem einzigen Arbeitsablauf verrichtet. Die ganz alten Gebäude bestehen noch aus von Hand behauenen Balken und dies jeweils der Grösse des Sägeblocks entsprechend.
Haben Sie auch nach diesem Verfahren gearbeitet?
Ja. Die Balken wurden für einen Stall auf eine Breite von 15 Zentimetern und für ein Haus auf eine Breite von 12,5 Zentimetern geschnitten. Die Höhe wurde an das Holz angepasst, das heisst die Balken waren nicht parallell, sondern konisch. Auch die Wände wurden vor Ort gebaut. Der Gewettkopf wurde je nach Form des Holzes erst auf der Wand ausgeschnitten, Balken um Balken. Der Zimmermann musste die Höhe der Wand jeweils ausgleichen.
Haben Sie auch Holz noch mit der Breitaxt bearbeitet?
Ja, am Anfang schon, jedoch eher selten. Es gab andere, die für diese Arbeit begabter waren. Ich bevorzugte die Zimmermannsaxt. Ich kann mich noch daran erinnern, wie man mir zum ersten Mal erklärte, dass es bei Wind unmöglich sei, Holz präzise mit der Breitaxt zu behauen.
Früher mussten viele gefährliche Arbeiten verrichtet werden und es war keine Seltenheit, dass ein Schreiner einen Finger verlor?
Ich blieb grössenteils über all die Jahre von Unfällen verschont. Allerdings verlor ich einen Finger beim Hobeln einer Leiste. Ein Ast hat die Leiste auf die Seite geschleudert und mein Finger wurde in die Welle, der mit 6000 Umdrehungen pro Minute laufenden Maschine gezogen. Blut floss zuerst keines, hingegen hingen die Nervenstränge aus der Wunde heraus. Der Arzt hat diese weggeschnitten und die Hand behandelt. Am nächsten Tag litt ich Höllenqualen. Andere nennenswerte Unfälle hatte ich selber zum Glück keine. Hingegen ist einer meiner Mitarbeiter einmal vom Dach gefallen. Er hat sich die Rippen gebrochen und sich innere Verletzungen zugezogen, kam jedoch mit dem Leben davon.
Wie stand es damals mit der Konkurrenz?
Es gab schon eine gewisse Konkurrenz. Wir kamen zusammen, besprachen die Angebote und einigten uns schliesslich. Heutzutage ist ein solches Vorgehen verboten. Damals wurde immer versucht, die Arbeit in der Gemeinde zu behalten, was jedoch nicht immer geklappt hat. Es kam immer wieder vor, dass auch Unternehmen von ausserhalb offerierten.
Was war früher schöner im Vergleich zum Moment, an dem Sie aus dem Geschäft ausgestiegen sind und umgekehrt?
Am Anfang war alles interessanter und anspruchsvoller. Man benötigte viel mehr Zeit, um eine Maschine einzurichten. Die Arbeit war viel strenger, wenn ich nur schon daran denke, wie wir all die Balken eines Hauses für die Verarbeitung hinunter in die alte Werkstatt und wieder zurückgetragen haben. Heute wird die ganze Arbeit von Maschinen verrichtet. Ein Vorteil heutzutage besteht darin, dass man viel präziser und damit besser arbeiten kann.
Wie viele Stunden wurde damals gearbeitet?
Sechs Tage in der Woche, inklusive Samstagvormittag. Im Sommer arbeiteten wir zehn Stunden pro Tag, im Winter weniger. 215 Stunden im Monat waren keine Ausnahme.
Ställe mit Rundholzbalken werden schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebaut?
Davon habe ich einige gebaut. Für den Bau von Ställen aus Rundholzbalken war eine gewisse Routine erforderlich. Da das Rundholz auf der einen Seite dicker war, als auf der anderen, mussten das dünne und das dickere Ende des Stammes abwechselnd aufeinandergeschichtet werden. Die Verkämmungen durften nicht zu gross sein, da sich das Holz sonst bewegte und die Wand somit schief wurde. Hatte das Gebäude eine gewisse Höhe erreicht, wurden die Balken mit einem Lederseil, mithilfe von zwei weiteren an die Wand gestützten Balken hinaufgezogen.