Oft wurde zu lange zugewartet, womit es zu tragischen Todesfällen kam.

Gabriel Alig
Gabriel Alig

Auch das Gesundheitswesen hat sich während ihrer Kindheit radikal verändert?

Der Hausarzt war für die medizinische Behandlung des gesamten Tals zuständig, dieser war von der Krankenkasse angestellt. Er kam einmal pro Woche nach Vrin zur Sprechstunde. Er musste seine Patienten so lange wie möglich in eigener Behandlung halten und diese nur bei Spezialfällen ins Spital überweisen. Wegen Kleinigkeiten konsultierten die Leute nicht den Arzt. Oft wurde zu lange zugewartet, womit es zu tragischen Todesfällen kam. Wurde man damals ins Spital geschickt, kam man normalerweise nicht mehr lebendig zurück. Jeder zögerte den Arztbesuch so lange wie möglich hinaus.

Die Hygiene hatte damals auch nicht die gleiche Bedeutung wie heutzutage?

Badezimmer und Toilette im Haus gab es nicht. Man spritzte sich bei Gelegenheit ein wenig Wasser ins Gesicht und das war’s. Es gab auch Leute, die ihre schönen Kleider jeweils am Sonntag über die Arbeitskleider anzogen, dies hielt warm.

Wurde die Kleidung selbst hergestellt?

Die Kleidungsstücke wurden von einer Schneiderin angefertigt, die eine Nähmaschine besass. Die Stoffe dafür wurden gekauft.

Wie stand es mit den Schuhen?

Damals gab es noch Schuhmacher, oder besser gesagt Leute, die Schuhe herstellten. Vor meiner Schulzeit kannten wir nur Schuhe mit Kappennägeln, erst später kamen Gummisohlen auf.

Dorfansicht Vrin
Vrin @ C. Meisser, Staatsarchiv Graubünden

Welche Räume konnten im Hause geheizt werden?

Die Wärme speichern war nicht möglich. Beheizt war nur die Stube, in der Küche hatten wir nur einen Kochherd. Es kam schon vor, dass das Wasser in der Küche gefror. Holz war auch nicht immer in Hülle und Fülle vorhanden.

Bekam man kein Holz oder bestand keine Möglichkeit, sich das Holz zu beschaffen?

Jedem Haushalt wurde eine gewisse Menge an Holz zur Verfügung gestellt, welches selbst geschlagen, transportiert und gespalten werden musste. Der Grossteil wurde als Bauholz verwendet, Brennholz blieb nicht viel übrig und Äste fand man kaum welche im Wald. Vor allem für die Witwen konnte der Holzmangel zum Problem werden.

Wie stand es damals mit der Kommunikation?

Telefone gab es nur wenige und telefoniert wurde nur in Notfällen. Der schriftliche Austausch fand vor allem mit Briefen statt.