Zur Kirche zu gehen war damals von grosser Bedeutung.

Gabriel Alig
Gabriel Alig

Was war der Höhepunkt des Jahres? Worauf freute man sich am meisten?

Für uns Kinder war es der 1. Januar, wo wir traditionsgemäss das Neue Jahr reihum in den Häusern anwünschten und eine Gabe erbaten. Es war eine spezielle Atmosphäre, man bekam ausnahmsweise einmal Geld in die Hand. Wir wussten ja kaum wie Geld aussah. Man bekam minimal einen oder zwei Rappen, fünf Rappen war die Norm und 20 Rappen waren schon sehr viel. Auch wenn das Geld zu Hause abgegeben werden musste, war es eine grosse Freude.

An welche weiteren Höhepunkte für die Kinder können Sie sich erinnern?

Den Samichlaus. Das war der Tag, an dem damals Geschenke verteilt wurden. Am 5. Dezember zog der Samichlaus mit seinem Gefolge, das aus einer Magd, zwei bis drei Knechten und einem Esel bestand, von Haus zu Haus. Er sprach sein Urteil und übergab Äpfel, Orangen, Mandarinen und Erdnüsse. Wir hatten einen wahnsinnigen Respekt vor diesem langbärtigen Mann. Bevor wir zu Bett gingen, legten wir ein Taschentuch auf dem Tisch aus, in der Hoffnung, es am darauffolgenden Morgen mit Inhalt vorzufinden.

Prozession in Vrin
Prozession in Vrin © W. Derichsweiler, Fototeca dal DRG

Früher war der Kirchgang Pflicht, es gab mehr Feiertage und selbstverständlich auch viele Prozessionen im Laufe des Jahres.

Feiertage gab es viele, welche meist zwischen Oktober und April angesiedelt waren. Für uns Kinder stellte dies eine Gelegenheit dar, dem Schulunterricht zu entkommen. Im Stall arbeiten, mussten wir jedoch trotzdem. Zur Kirche zu gehen war damals von grosser Bedeutung.