Heute lachen sie, aber früher war es Mode, dass die Frauen keine Hosen trugen. Auch die Mädchen nicht, wir hatten nie Hosen an. Da war dann der Lehrer Camenisch in Surrein und der hatte seine Töchter. Der sagte, “meine Mädchen gehen ins Dorf in die Schule und ich verlange, dass sie Hosen anziehen dürfen, wenn es schneit. Mit diesen Kleidern werden sie ja krank, das gibt es nicht!”. Nun, ich musste mit Kleid in die Schule, wie alle anderen auch. Dann bin ich nach Rabius und musste die Post verteilen, dann natürlich auch mit Kleid. Eines Tages hatte es geschneit und es schneite immer weiter. Ich ging hinauf, wo wir die wichtigen Häuser hatten, unter anderem auch das des Pfarrers. Der war neu aus dem Lugnez gekommen. Sur (Pfarrer) Arpagaus. Er war Co-Rektor des Kollegiums in Schwyz. Das war ein Gescheiter. Das war ein Mann, der die Welt gesehen hatte und viel wusste. Der war dann rausgekommen und hatte gesagt “Sie, Fräulein. Was denken Sie, warum tragen Sie keine Hosen. Ziehen Sie doch Hosen an, wenn Sie durch den Schnee müssen, Sie werden ja ganz nass. Das wäre viel praktischer.” Ich fragte, ob er das denn erlauben würde. “ja, das versteht sich von selbst. Das kommt Ihnen zu gut.” “Ja, wenn Sie einverstanden sind, schaue ich sofort, dass ich ein paar Hosen bekomme. Ich bin dann nach Hause und habe das dem Fräulein Caplazi erzählt. Sie lachte sich den Buckel voll. Am Nachmittag musste ich dann die Zeitung austragen. Da hörte ich, dass in der Stube des Pfarrhauses Männer auf einander einredeten. Um Gotteswillen!
Da kommt der Pfarrer Arpagaus vor die Tür und sagt “jesses, Mädchen ich muss mit Ihnen reden. Seien Sie nicht böse aber ich wusste es nicht besser. Es ist anscheinend nicht Mode, dass die Frauen Hosen tragen. Bitte ziehen Sie keine Hosen an.” So habe ich weiter Kleid getragen. Ich hatte gesehen, dass die Pfarrer der Cadi (Gebiet der oberen Survela) in der Stube des Pfarrhauses waren. Die hatten ihre Konferenz abgehalten und waren dagegen, dass die Frauen Hosen tragen durften. Aber es ging dann nicht lange und auch die Frauen und Mädchen trugen Hosen. Aber heute kann sich das niemand mehr vorstellen.
Was der Pfarrer sagte, war zu befolgen?
Ja, der Pfarrer Arpagaus war ein lieber, ein guter. Das war wirklich ein studierter Mann. Er hatte die Schüler in Schwyz unterrichtet. Das waren gescheite Leute, die gingen in die Hochschulen. Ich hatte immer grosse Sympathie für ihn. Ja, es hat sich schon viel geändert. Das ist recht so.