Verwaltung des Dorfes

Clau Soler
Clau Solèr

Waren das je eigene Gemeinden, Surrein und Sumvitg?

Jein, eigene Gemeinden kann man nicht sagen. Also um 1800 war es so, dass das Nachbarschaften waren und die wurden in Gerichtsgemeinden aufgenommen. Das Gemeindewesen wurde erst um 1850 eingeführt, sodass man eine politische Gemeinde hatte. Früher waren es Höfe oder Dorfschaften und die hatten das Recht, einzelne Delegierte an die Tagsatzungen zu schicken. Aber die Gemeinden waren nicht verwaltet, denn es gab auch nichts zu verwalten. Die Verwaltung kam erst mit der Schule auf, mit dem Grundbuch und so. Sonst waren die Dorfschaften im Allgemeinen die wirtschaftlichen Einheiten.

Surrein
Surrein © Archiv Cultural Sumvitg

Ein Dorf war ungefähr so gross, dass eine oder zwei Alpen betrieben werden konnten, dass sie ihre Wege unterhalten konnten, dass sie möglicherweise einen Stier halten konnten und einen Geissbock und einen Schafbock. Das waren Wirtschafts-Verwaltungseinheiten. Erst 1850 mit der Politischen Ordnung hatte man dann eine politische Einheit. Die Ortschaften wurden dann als Gemeinden zusammengeschlossen. Aber kirchlich waren sie zum Teil auch zusammengeschlossen. Das kommt ein bisschen darauf an. Das waren die Organisationen, die zum Teil relativ gross waren, die Kirchen.

Caplutta Cumpadials
Caplutta Cumpadials © Archiv Cultural Tujetsch

Das hatte damit zu tun, das der Pfarrer von Pfründen lebte. Das heisst, man hat der Kirche so und so viel vermacht und die Zinsen daraus oder der Zehnte, den man abgeben musste, das hat den Pfarrer ernährt, selten den Kirchenbau. Kirchenbau hat man mit Fronarbeit oder mit Opfern betrieben. Die Pfarrer unterstanden dem Bistum und sie hatten eine Stelle, eine Pfrund. Bei Abtrennungen gab das immer grosse Diskussionen, weil die Pfarrer ihre Einnahmen nicht mit der neuen Pfarrei teilen wollten. Surrein hat sich ungefähr 1780 losgetrennt und der Pfarrer von Sumvitg hatte dann keine Zinsen von Gütern, die unten in Surrein. Das war der Grund, weswegen sie dann immer Schwierigkeiten hatten. Nach der Reformation gab es dann eine Gegen-Reformation und dann hatten sie von Rom aus oder von Mailand einen Kapuziner (katholischer Orden) geschickt. Diese Kapuziner waren sehr tüchtig und lernten Romanisch, waren fleissig und billig. Die brauchten keine Pfründe. Gerade für Sumvitg gibt es relativ viele Berichte, dass die Einheimischen, die sich als Pfarrer ausbilden liessen, für eine Stelle kämpften, damit sie ihre Studienauslagen wieder einbringen konnten. Deswegen wollten sie die Kapuziner unbedingt weghaben, damit sie diesen Platz einnehmen konnten und das Geld einziehen konnten.

Das gab dann die Wirren, Gegenabstimmungen, Gemeindeversammlungen. Aber die Familien, die einen Pfarrer stellten, die mussten zuerst den Pfarrer ausbilden lassen, danach hatte der Pfarrer dann die Pfründe und bei den Leichenmalen musste man den Pfarrer einladen. Man musste zum Beispiel eine Seelenmesse stiften und das war Kapital und das gab Zinsen und der Pfarrer lebte von diesen Zinsen. Das war das Wesentliche einer Pfarrei und so waren diese wirtschaftlichen Hierarchien.