Handharmonika als Bedingung für Berufswahl

Simon Derungs
Simon Derungs

Wie stand es mit der Berufswahl?

Als ältester Sohn einer Bauernfamilie war ich eigentlich interessiert eine landwirtschaftliche Lehre zu absolvieren. Mein Vater meinte aber, dies sei nichts für mich, da ich an Heuschnupfen litt. Mein jüngerer Bruder sei kräftiger als ich, und darum als Bauer für die Landwirtschaft geeigneter als ich. Er wollte unbedingt, dass ich das Lehrerseminar besuchte und Lehrer werde, wie mein Grossvater. Da ich damals gerne Handharmonika gespielt hätte, stellte ich die Bedingung, dass ich nach seinem Wunsch die Kantonschule besuchen werde, nur wenn er mir eine Handharmonika kaufe. Da dies für die Familie damals aus finanziellen Gründen nicht möglich war, war das Thema vorläufig vom Tisch.

Ich war vor allem auch handwerklich begabt und bastelte gerne mit verschiedenen Materialien. So hatte ich in unserer Toilette eine mit Batterie versorgte und mit einem mechanischen Auslöser ausgestattete Lampe installiert. Diese Invention trug mir den Übernamen «Elektriker» ein. Als ich dem Berufsberater von meinem Hobby erzählte, war für ihn sofort klar, dass ich eine Lehre bei der auf elektrische Geräte spezialisierten Filiale der «Landis & Gyr» in Disentis machen soll. Dies sei eine gute Firma und sie sei ständig auf die Suche nach geeigneten Lehrlingen aus der Region.

Mein Vater war immer noch nicht sonderlich begeistert von diesem Vorschlag, aber für mich stimmten sowohl Berufswahl wie Lehrort. Die ersten zwei Lehrjahre verbrachte ich in Disentis, die letzten zwei Jahre am Hauptsitz der Firma in Zug. Dort erhielt ich die Möglichkeit, Weiterbildungskurse im Bereich Elektronik zu besuchen, was mir sehr gefiel.

Du hast aber gleichwohl entschieden nach Surcasti zurückzukehren.

Seit meiner Kindheit hatte ich einen starken Bezug zum meinem Heimatdorf und als Lehrling in Zug hatte ich immer ein bisschen Heimweh nach der Heimat. Ich kam jedes Wochenende nach Hause und hatte stets die Absicht nach der Lehre in die Surselva zurückzukehren. Da ergab sich bald eine Möglichkeit bei der eben gegründeten Firma Grob in Ilanz eine meiner Ausbildung entsprechende Arbeit zu finden. Ich spezialisierte mich auf die Sparte Werkzeugmacher, konnte dabei vieles lernen und die Arbeit gefiel mir gut.

Mit der Zeit wurde mir die permanente Arbeit in diesen Werkstätten doch etwas verleidet und ich engagierte mich während 10 Jahren als Service- und Reparaturmitarbeiter für Waschmaschinen im Aussendienst bei der Firma Schulthess.  Mit der Zeit wurden mir aber die permanenten und langen Reisen im ganzen Kanton etwas zu mühsam.

Als die in Ilanz ansässige «Gross- und Leihwäscherei» einen Betriebsmechaniker suchte, bewarb ich mich für diese Stelle und wurde angestellt. An dieser Stelle war ich mit verschiedenen technischen Veränderungen konfrontiert. Während 20 Jahren war ich dann Produktionsleiter der Firma. Es war eine sehr anspruchsvolle Arbeit und intensive Zeit. In der Hochsaison hiess es oft 12 Stunden pro Tag und 6 Tage pro Woche zu arbeiten. Die Überstunden konnten dann aber in der Zwischensaison abgebaut werden. Wir hatten damals fast nur einheimisches Personal aus der Region und die Stimmung in Betrieb war sehr gut. Mit der Zeit wurden die technischen Neuerungen immer komplexer, so dass ich schliesslich froh war, in Frühpension zu gehen. So hatte ich endlich mehr Zeit meinen Hobbys zu widmen: der Musik und der Lokalgeschichte.