Eine armselige Rente

Berta Candinas
Berta Candinas

Ich hatte die Lehre bei der Post gemacht und sollte das erste Mal die AHV (Rentenzahlung der staatlichen Altervorsorge) ausbezahlen, einer verwitweten Frau. Sie bekam, wie alle Alleinstehenden 30.- Fr. Die Verheirateten bekamen 45.- Fr.  Das war alles so armselig, ein Mann und eine Frau, deren Kinder waren alle schon erwachsen und alle waren weg, ausser dem ledigen Sohn.

Der Sohn war Schuster und die wussten, am 6. oder 7. des Monats kam die Rente. Die warteten im Garten und kamen runter zur Hauptstrasse und fragten, ob ich heute vielleicht das Geld hätte. “ja, ich habe das Geld”. “Wir werde schon für Sie beten, damit Sie in den Himmel kommen”.  Ich sagte, sie sollen damit aufhören, das sei nicht von meinem Geld. Das sei nicht meine gute Tat.

Das alte Postbuch habe ich seit Rabius. Da musste man die Unterschrift geben, wenn das Geld ausbezahlt wurde und die Quittungen herausgeben. Und ins Postbuch kam dann jedes Mal ein Stempel hinein. Im letzten August, als das Tenigerbad geschlossen wurde, habe ich überall im Buch Stempel gemacht. Alle vom Tenigerbad, am 31. August 1951.

Tenigerbad
Tenigerbad / Bogn Tenigia @ Brunner & Co., Zürich