Dorf-Topografie

Clau Soler
Clau Solèr

Wenn man Sumvitg auf der Karte anschaut, dann sieht man eindeutig, dass Sumvitg ein Haufendorf war und von unten herauf nach oben orientiert. Dann kommt man hinauf zur Via da Crucifix, dann geht man durch Sumvitg, hinauf nach S. Benedetg. Alles rauf und runter und zu Fuss. Hin und her ist man nur zu den Wiesen gelaufen.

Sumvitg/Somvix
Sumvitg/Somvix © C. Meisser, Staatsarchiv Graubünden

Ein Strassendorf (im Gegensatz zum Haufendorf, Häuser entlang der) wurde es erst nach 1850 mit der Strasse. Das sieht man eindeutig an den Häusern, wann sie angepflanzt wurden und wie. Wenn du bei der Kirche hinaufgehst, merkst du eindeutig, dass es immer rauf und runtergeht. Es ist sehr steil aber der kürzeste Weg. Man hat konzentriert gebaut und gewohnt, weil man so wenig Land wie möglich verbauen wollte. Wenn man ins Wallis schaut oder ins Tessin, die hatten auch eine grosse Bevölkerung, die nahmen die Kreten (kleiner Gratzug) um die Häuser zu bauen, wo die Hühner noch Steigeisen brauchen. Das um ja kein Stückchen Boden zu vergeuden. Wenn wir hier nach Clavadi hinaufschauen: wo es am steilsten ist, stehen die Häuser.

Hier ist es etwas grosszügiger und wenn man die Ausfütterungsställe anschaut, die sind sehr nahe am Dorf gebaut. Aber man hat hier unten gewohnt, oben geheut und dann hat man das Heu fast ohne Blache (Abdeckung) in den Heustall gebracht und dann im Winter konnte man hinauf zum Füttern und der Mist blieb auch dort. Setzt aber voraus, dass man relativ viel Holz hat, was man hier hatte… und genug Zeit und dann baute man so einen Stall, damit man dort oben das Heu ebenerdig einbringen konnte.

Mistführen mit Ochsengespann in Vrin
Mistführen mit Ochsengespann in Vrin © P. Scheuermeier, Fototeca dal DRG

Die Fresser waren oben und haben dort oben gefressen, haben den Mist dort gelassen und so musste man keinen Mist von unten raufführen. Das war ja der Grund dieser Ausfütterungsställe, damit man im Sommer keine grossen Transporte zu machen brauchte. Und auch im Winter oder Frühling mit dem Mist. Diejenigen, die ganz weit hinten sind, das ist ganz logisch, da konnte man nicht mit einer Heuladung zurückkommen.

Man sagt immer Berglandwirtschaft aber das stimmt hier nicht, weil wir hier relativ lange Vegetationszeit haben und sie können relativ gut mit Maschinen arbeiten. Also das ist nicht Berglandwirtschaft. In der Val Lumenzia ist es wieder anders. Da hat man viel kürzere Vegetationszeit, vor allem ganz hinten in Vrin und Lumbrein. Es ist einfach kälter. Von Vella abwärts ist es wieder besser. Hier sind wir ungefähr auf 1000 m über Meer. Aber 1000m oder 1400m sind schon ein grosser Unterschied. Hier kann man im Frühling, im März, die Tiere schon rauslassen. Man könnte hier auch Getreide zum Reifen bringen. In Vrin und Lumbrein ist das schon an der Grenze. Da musste man die Ernte zum Reifen aufhängen, man musste warten und dann kamen die Spatzen und klauten und den Rest konnte man dann dreschen.

Das hier ist übrigens noch sehr interessant: “muschnas”. Das sind typische Steinhaufen und bestehen aus grösseren und kleineren Steinen, die mit der Zeit von den Hängen herunterkamen und dann beim Pflügen oder bei der Bearbeitung der Felder gesammelt und auf einen Haufen gelegt wurden. Da drauf wuchsen mit der Zeit dann Sträucher, Bäume und andere Pflanzen und diese Haufen sind sehr wertvolle Biotope. Wenn man an bestimmten Orten hinaufschaut, sieht man viel grössere Steine. Die konnte man nicht transportieren und musste sie liegen lassen. Heute bringt man sie mit Fahrzeugen weg oder sprengt sie sogar und versucht so, bessere Felder zu bekommen. Beim Pflügen war es unbedingt nötig, dass die Steine entfernt wurden. Wenn der Pflug darankam, ging er kaputt. Wenn ein Stein mitten in der Wiese liegt, wie hier oben, kommen sie irgendwann und versuchen ihn weg zu bringen, damit sie besser arbeiten können.

Jetzt haben sie hier die Güter zusammengelegt oder sind daran und so sind die Ausfütterungsställe obsolet. Die werden von niemandem mehr gebraucht.