Nach der Schule mussten wir den „Schulschoss“ (Schulschürze) sofort ablegen, banden uns die Arbeitsschürze um und halfen selbstverständlich im Betrieb mit: Im Laden, in der Landwirtschaft, im Sommer zusätzlich noch auf der Alp Wallatsch (Alp im Peiltal, am Abhang des Valserberges). Ich half vor allem im Laden mit, während meine ältere Schwester mehr in der Landwirtschaft tätig war.
In einem Kolonialwarenladen gab es damals viel zu tun. Mehl, Zucker, Polenta, Weinbeeren, Kastanien usw. wurden in Säcken zu 25, 30 oder sogar 50 Kilogramm geliefert. Wir mussten dann für jede Kundin, für jeden Kunden die gewünschte Menge wägen und abpacken. Die Ladenglocke läutete fast zu jeder Tages- und Nachtzeit. Es hiess dann ständig: „Meigga, geh du rasch in den Laden, es hat geläutet!“
Während der Kriegszeit waren gewisse Waren rationiert und konnten nur mit Marken bezogen werden. Die Kontrolle lag ganz in den Händen der Mutter. Oft bis spät in die Nacht hinein zählte sie in der Stube die Marken und klebte sie auf grosse Kartonbogen. Das Tischchen, auf dem die Mutter die Marken sammelte, war für uns Kinder „heilig“. An diesen Ort durften wir uns nicht heranwagen. Obwohl im Verlaufe der Zeit zehn Kinder die Stube benutzten, dort spielten, die Hausaufgaben machten und anderes mehr, blieb das „Markentischli“ unangetastet, wie es uns die Mutter klar gemacht hatte.
Unsere Grossfamilie, wie übrigens auch alle andern Valserfamilien, mussten während der Kriegszeit nicht hungern. Mit dem Laden und der Landwirtschaft hatten wir immer genug zu essen und alles, was wir brauchten.