Dieses Ereignis schweisste die Dorfgemeinschaft zusammen.

Anton Schmid

Lawinenwinter 1951: Ich war zu dieser Zeit in Vallorbe. Am Radio hat es geheissen, in Vals sei eine grosse Lawine niedergegangen. Die Meistersleute fragten mich sofort, wo ich denn in Vals wohne, wo mein Elternhaus stehe. Sie haben dann herumtelefoniert, bis nach Ilanz, um herauszufinden, ob unsere Familie auch Schaden erlitten habe. Die Polizei gab Auskunft, die Lawine sei auf der linken Talseite in einer Breite von 500 m niedergegangen. Dann habe ich erklärt, dass unser Haus genau dort stehe und vermutlich auch mitgerissen wurde. Die Meistersleute boten mir dann an, falls etwas passiert sei in Vals, könne ich bei ihnen die Lehre machen und nachher das Geschäft übernehmen. Ihre einzige Tochter hätte gar kein Interesse an der Bäckerei. Ich denke manchmal, wäre das Schlimmste eingetreten, würde ich vermutlich heute noch in Vallorbe leben. Die Meistersleute wollten mich gerade behalten.

1975 erlebte ich in Vals die zweite grosse Lawinenkatastrophe. Ich zog mit meiner Familie zweimal um, bis wir dann bei Verwandten an einem sicheren Ort gelandet waren. Dieses Ereignis schweisste die Dorfgemeinschaft zusammen. Ich musste auch mein Postbüro räumen und es vorübergehend im Gemeindehaus einrichten. Leute haben mir spontan geholfen, die Post vom Helikopterplatz ins provisorische Büro zu transportieren. Das gibt im Dorf einen Zusammenhalt.

Welche Funktion hatte der Bergführer?

Mein Vater war Anlaufstelle für alle Unfälle, er war der erste „Doktor“. Nach einem ersten Augenschein hat er dann entschieden, ob der Transport nach Ilanz zum Arzt notwendig sei. Bei Katastrophen hatte er eine führende Rolle in Sachen Sicherheit und Evakuation. Er hat sich auch sonst immer wieder als „Retter“ anerboten. Wenn z. B. eine Ziege „ds Stelli“ (Ort, wo das Tier von allein nicht mehr wegkommt.) gegangen war, rief man immer den Bergführer. Vor allem Bauern kamen immer zu ihm. Als Bergführer hatte mein Vater Bergseile. Er wusste auch, wie man einen Retter sichert und zum Tier begleitet. Meine Cousine Gertrud reklamierte in diesen Situationen immer laut: „Was mache ich allein mit 5 Kindern, wenn ihm etwas passiert“?