Ich hatte die Möglichkeit, eine kleine „Alpkarriere“ zu machen.

Anton Schmid ca. 2005
Anton Schmid ca. 2005 © privat

Im Frühling und Herbst war ich immer beim „Ena“ und „Aani“ (Grossvater und Grossmutter) in Zerfreila. Im Sommer war ich Hirt auf der Alp Guraletsch. Mir hat es sehr gut gefallen. Ich hatte die Möglichkeit, eine kleine „Alpkarriere“ zu machen: Als Jüngster stieg ich als Geisshirt ein, wurde dann zwei Jahre später Galtviehhirt und als Kuhhirt habe ich die „Karriere“ abgeschlossen. Der Schritt zum Senn lag nicht mehr drin, da meine obligatorische Schulzeit zu Ende gegangen war.

Insgesamt war es eine schöne Zeit, obwohl es streng war. Am strengsten hatte es der Geisshirt: Morgens um fünf Uhr wurde ich geweckt, stand dann auf und musste die Kühe von der Nachtweide in den Stall zum Melken holen. Als Geisshirt molk ich dann die Ziegen, welche über Nacht im Stall geblieben waren, trieb sie anschliessend auf die Weide und überliess sie bis am Nachmittag dem Schicksal. Zurück im Stafel, musste ich den Ziegenstall ausmisten. In der Sennerei warteten auch Arbeiten auf mich: Abwaschen, abwaschen …

Am Nachmittag ging es weiter in diesem Takt. Als Geisshirt sammelte ich meine Ziegen und trieb sie normalerweise bis 16.30 Uhr in den Stall. Dort setzte wieder das Ziegenmelken ein.

Geisshirt
Geisshirt © W. Derichsweiler, Fototeca dal DRG

Als Geisshirte hatte ich während des Tages kaum Zeit, um mich etwas auszuruhen und vom Schlafmanko zu erholen. Das übrige Alppersonal konnte sich wenigstens am Nachmittag für ein bis zwei Stunden schlafen legen. Ich erinnere mich noch gut an eine Episode: Es war ein schöner Sommertag. Ich begab mich zu den Ziegen, um sie zu sammeln und heimzutreiben. Auf dem Weg dorthin, setzte ich mich kurz in eine Treue. Vor lauter Müdigkeit und Sonnenwärme schlief ich sofort ein. Meine Ziegen durften ruhig weiter grasen oder tun, was sie wollten. Die Mannschaft im Stafel wurde unruhig und machte sich Sorgen, als ich zur vereinbarten Zeit mit der Ziegenherde nicht eintraf. Sie hatten mich dann gesucht und schlafend in der „Treue“ gefunden.

Alphirt Toni Schmid
Alphirt Toni Schmid © privat

Trotz der manchmal sehr strengen Arbeit auf der Alp überwiegen bei mir immer noch die positiven, schönen Erlebnisse. Als pensionierter Posthalter habe ich es nochmals gewagt, im Frühling die Hirtschaft der Dorfziegen zu übernehmen und im Sommer als Galtviehhirte die Mutterkühe im Guraletsch zu hüten. Ich erkläre mir diesen „nostalgischen Zug“ so: Wenn man ein Leben lang bei der Post arbeitete, verspürt man den Drang, etwas ganz anderes, in der Natur zu machen. Vielleicht ist es einfach eine Rückkehr zur einstigen Bubenarbeit im Sommer.