Saisonarbeit im Tenigerbad

Berta Candinas
Berta Candinas

Mussten Sie für die Post-Arbeit eine Lehre machen?

Ja, die hatte ich beim Fräulein Caplazi gemacht. Ich war drei Jahre dort, zuerst nach Ingenbohl in die Schule und dann im Winter, ein, zwei Jahre in die Fabrik. Danach bin ich fast zwei Jahre in Brienz gewesen und wieder nach Hause gekommen. Und dann habe ich drei Sommer Saison im Tenigerbad gemacht. Den ganzen Sommer immer im Tenigerbad, damals war es noch in gutem Zustand. Im ersten Jahr mit Direktor Willi, er und seine Familie sind eigentlich aus Domat/Ems gewesen. Danach war ein anderer, der blieb zwei Jahre bis 1953. Dann kam das letzte Jahr, in welchem noch Saison war. Der letzte Direktor hat dann alles kaputt gemacht.

Was war denn genau der Grund, weshalb alles bergab ging?

Dieser letzte Direktor, der hat alles kaputt gemacht. Der Direktor verbrannte alles. Unten bei der Küche hatten wir so einen “Dauerbrenner” nannten sie das. Zeinen (großer Korb) voll hat er da rein geschmissen. Das war Sünde! Das war Sünde, sage ich! Dann kamen immer weniger Gäste. Einmal waren Leute aus Flims hier und hatten gesagt “Sünd und schade, dass alles zu Grunde geht”. Hier war auch vor einiger Zeit eine von Trun und hatte über das Tenigerbad gefragt. Ich weiss nicht mehr, wie sie hiess. Sie hatte danach ein Buch herausgegeben. (Annatina Nay 2013: „Zu viele Gäste stören die Ruhe des Bades“)

Wir hatten viel Schönes und viel Lustiges und Interessantes. Aber der Direktor hat am Schluss alles kaputt gemacht, hat alle Prospekte und alles von früher weggeworfen. Die aus Pontresina, jesses, die hatten andere Pospekte als wir! Das war alles viel schöner und ansprechender als hier. Das machte natürlich einen anderen Eindruck! Die hatten wohl auch mehr Geld dafür.

Tenigerbad
Tenigerbad / Bogn Tenigia @ Brunner & Co., Zürich

Ich habe mich viel mit den Gästen abgeben. Die fragten dieses und jenes. Das waren schöne Jahre und wir bekamen viel Lob. Das Wasser (Mineralwasser der Quelle Tenigerbad) war sehr stark und es gab Gäste, die kamen immer wieder. Welche aus Deutschland und sogar aus Frankreich, von überall her. Einen aus Neuchâtel und den aus Lugano habe ich nie vergessen. Die kamen oft und sagten – mein Nachname war Deplazes – “Fräulein Deplazes, mier müend öppis wüssa, könnt Sie mir sega das und jenes”. Als sie gingen, haben beide gesagt: “wir verdanken unsere Gesundheit dem gesunden Mineralquellwasser vom Tenigerbad”. Das sagten sie immer. Ich hatte vom Fräulein Caplazi viele Sachen vom Tenigerbad. In einem der Bücher, das habe ich nie vergessen, war eine Reklame, da stand: “Das Wasser vom Tenigerbad ist die stärkste Bittersalzhaltige Quelle Europas”!

Das Wasser vom Bad entsprang nicht direkt dort. Die Quelle war in diesem Tälchen etwas weiter hinten, wo die kleine Kapelle stand… die Val Blaua (Blaues Tälchen). Die hatten das Wasser seinerzeit hinausgeleitet. Dort wo die Kapelle heute steht. Ich weiss nicht, ob das ganz alte Hotel heute noch steht. Sie nannten es “das Bädli”. Das war das wirkliche Kurhaus Tenigerbad und erst danach wurde da oben das Waldhaus gebaut, dieses grosse Gebäude.

Es gab auch Gäste aus Russland. Die kamen mit dem Auto vom Bahnhof Rabius. Einmal kam eine Dame, sie war am Vormittag angereist und am Nachmittag mussten sie sie schon wieder wegbringen. Sie konnte kaum atmen, sie vertrug die Luft nicht, so sensibel war sie.