Bewirtschaftung am Rhein

Clau Soler
Clau Solèr

Dorfschaften waren Wirtschaftsgemeinden, die für sich funktionierten im wirtschaftlichen Bereich. Genau wie die Mühlen. Wenn man einen Bach hatte, hatte man die Mühle. An grossen Bächen brauchte es nicht viele Mühlen aber im Allgemeinen waren die Bäche hier nicht sehr wasserreich und so brauchte es mehrere Mühlen, damit das Mehl innert kurzer Zeit gemahlen werden konnte. Das war so von der Schneeschmelze bis im Juni, Juli. Das mit dem Getreide war etwas kompliziert, man kann Mehl nicht sehr lange aufbewahren.

Mühle in Sumvitg/Somvix
Mühle in Sumvitg/Somvix © C. Meisser, Staatsarchiv Graubünden

Deswegen brachten sie jeweils nur einen Teil und liessen es mahlen. Danach brachte man das Mehl nach Hause und wenn man einen trockenen Ort hatte, konnte man es gut aufbewahren. Wenn es jedoch ein bisschen feucht war, wurde das Mehl sehr schnell schlecht. Aus diesem Grund hatte man hier in der Gegend sehr viel Mais. Man importierte den Mais, denn die Maiskörner kann man sehr lange aufbewahren. Auch wenn der Mais bereits gemahlen ist, wird er nicht so schnell schlecht, wie das Mehl. Das war der Grund, weshalb man Mais pflanzte.

Säen, Eggen im Val Sumvitg
Säen, Eggen / Semnar, arpegiar © Archiv Cultural Sumvitg

Sie säten so viel wie möglich, weil es wenig hergab. Das Korn brauchten sie um Mehl daraus zu machen, um zu kochen, Brot zu backen und dann brauchten sie alles, was sie hatten, um die Tiere zu füttern. Hier in der Ebene konnten sie kein Getreide säen. Die Ebene ist mehr oder weniger eine Geröllhalde mit viel Steinen und Sand. Der Rhein verlief eigentlich von der Punt Gonda mehr oder weniger die ganze Ebene hinaus. Er war nicht so breit, aber er verlief auf der ganzen Breite hin und her. Zum Beispiel im Sommer, wenn wenig Wasser kam, war es nur ein Rinnsal, das hier und dort durchfloss. Da konnte man den Rhein ohne Weiteres überqueren. Sobald es Gewitter gab, z.B. in Disentis oder in der Val Medel, kam sehr viel Wasser. Eventuell verlief er entlang dieser Rinnsale oder er brach aus und verlief danach wieder anders. Deswegen war die Ebene nicht bewirtschaftet. Man darf aber nicht sagen, dass da nichts war. Da gab es kleine Inseln, vielleicht während zehn Jahren und die waren dann etwas bewachsen. Dann brachten sie das Vieh von einer Insel zur anderen und mit zwei Brettern oder einem Steg konnten sie gut über das Wasser.

Surrein
Surrein © Archiv Cultural Sumvitg

Aber Verkehr konnte da nicht durch. Es gab ja auch nicht so viel. Man musste nicht von Chur bis zum Oberalppass, ausser man machte eine Reise. Die Leute blieben in ihren Nachbarschaften, vielleicht manchmal zu einem benachbarten Dorf, in ihre Maiensässe und das war’s. Die Surreiner z.B. mussten nicht viel hier auf diese Seite kommen, das gehörte zu Sumvitg.

Bürden / faschs
Bürden / faschs © Baseli Collenberg

Sumvitg ging dann bis fast zur Ebene hinunter und sie hatten die Heuberge hier oben. Die anderen blieben dort an der Seite, wo das Wasser eher nicht hinkam und sie hatten ihre Heuberge höher oben. Heuberge, Ställe und Boden. Es gibt noch relativ schöne Fotos mit sehr viel Getreide weit oben.

Die Strasse um nach oben zu kommen, eigentlich die Hauptstrasse, die wir heute haben, wurde um 1840 die Cadi (Gebiet der oberen Surselva) hinauf gebaut, von Chur bis Sedrun. Diese Strasse brauchte man kaum, da man kaum irgendwohin musste. Diejenigen, die nach Trun mussten, gingen über Plaun Rensch auf ihrer Seite hinein. Die Surreiner kamen rein und überquerten den Valser Rhein, der aus der Val Sumvitg kam.

Brückenbau im Val Sumvitg
Brückenbau / Punt_construcziun © Archiv Cultural Sumvitg

Der brachte natürlich manchmal Unmengen Wasser und die Brücken waren weg…. Dann gingen sie hinten herum. Die von hier, sagen wir Sumvitg war eine Kirchgemeinde und Surrein hatte eine Kaplanei. Kaplanei heisst, sie hatten eventuell einen Kaplan aber sie waren nicht unabhängig. So mussten sie in Sumvitg in der Kirchgemeinde also beim Pfarrer die Toten begraben und die Kinder taufen. Deswegen kamen sie hier herüber. Alles, was man zu gehen hatte, ging man steil aber kurz. Das ist dann der Kreuzweg von heute. Da stand eventuell ein Kruzifix. Dieser hier, datiert von 1900, aber früher gab es viele Kruzifixe oder kleine Kapellen und die standen oft rechts oder links von Gefahren.

Bildstöckchen in Vrin-Cons
Bildstöckchen in Vrin-Cons © C. Meisser, Staatsarchiv Graubünden

Wenn man irgendwohin musste, wo es Gefahren gab, ein Tal oder so, ging man bis vor das Tal, sprach ein kleines Gebet, ging hinein, kam heraus zur Kapelle und bedankte sich, dass man gesund und heil herausgekommen war. Es war nicht selbstverständlich, dass man in ein Tal ging und gesund wieder herauskam. Deswegen gibt es immer wieder, oft auf kleinen Hügeln, solche Stellen.

Mit den Toten mussten sie hier herüberkommen und so überquerten sie je nachdem, einmal hier und einmal dort die Ebene. Nach 1830/40, eigentlich mit der Gründung der Eidgenossenschaft, welche die Melioration der Gewässer beschloss, haben sie den Rhein immer weiter hinübergeschoben und ein Flussbett mit Ufer angelegt.

Cumpadials
Cumpadials © Archiv Cultural Tujetsch

Das sieht man gut und das, was zurückblieb, wurde zum Teil bewirtschaftet. Zuerst war da eher Kies und Sand, da wuchs nicht viel. Später wuchs dann Heu und sie liessen die Tiere dort weiden. Erde oder Humus konnte man nicht heranführen. Das ist langsam gewachsen. Man sieht, wenn man hier runter schaut, noch Stellen mit mehr Stauden, die nicht bewirtschaftet werden. Wenn man da hineingeht, ist es sehr uneben und hat noch Reste von Steinhaufen, die man zusammengetragen hatte. Man hatte keine Maschinen, da wurden die Steine einfach zusammengetragen. Die letzten Arbeiten wurden so um 1930/40 ausgeführt. Die Strasse und Brücke von Rabius nach Surrein wurde um 1856 gebaut, wie diejenige von Cumpadials in die Val Sumvitg auch. Die Strasse von Cumpadials war sicherer, weil es enger war und da machte es Sinn eine rechte Brücke zu bauen. Auch war der Boden beiderseits stabiler. Diese Strasse funktionierte dann so gut wie möglich. Manchmal gab’s dann halt Überschwemmungen und dann war sie für eine Zeit gesperrt. Sonst ging man mit Vieh oder ein paar Schafen von Curtin hinunter nach Cahuons. Manchmal gab es nasse Füsse oder sie hatten einen Steg. In Encarden war es sicherer, weil das etwas erhöht ist. Auch rund um die Kirche, das war etwas weiter weg. Deswegen stehen die Häuser auch so am Rand.